Am 9. Juni haben Sie die Wahl. In wenigen Wochen stehen die Europawahlen an – ein Ereignis von entscheidender Bedeutung nicht nur für die politische Landschaft Europas, sondern auch für die gastgewerbliche Branche. Diese Wahlen entscheiden über die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments, das maßgeblich die regulatorischen Rahmenbedingungen bestimmt, unter denen unsere Branche agiert.

Im Vorfeld der Europawahl wollten wir mit dem DEHOGA-Wahlcheck 2024 deshalb wissen, wer an der Seite der Hoteliers und Gastronomen steht. Wir haben ausgewählte Kandidaten zur Europawahl 2024 angeschrieben und die Positionen und Fragen des Gastgewerbes übermittelt. 

Im weiteren Verlauf haben wir Ihnen die Antworten der Kandidaten in einer vergleichenden Gegenüberstellung zur Verfügung gestellt.  

Die Zukunft des Gastgewerbes hängt wesentlich von den Entscheidungen auf europäischer Ebene ab. Nutzen Sie die bereitgestellten Informationen, um eine informierte Wahl zu treffen, die die Interessen und die Entwicklung unserer Branche unterstützt.



Bürokratieabbau

Wie wollen Sie konkret Unternehmen und insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) von Bürokratie entlasten und vor neuer Bürokratie schützen?

CDU und CSU wollen die Überregulierung der Wirtschaft durch einen sofortigen Belastungsstopp für neue und laufende EU-Initiativen beenden. Die komplexe EU-Gesetzgebung wollen wir konsolidieren, die Berichtspflichten für Unternehmen zusammenfassen und überflüssige EU-Regeln abschaffen. Der Europäische Mittelstandsbeauftragte soll künftig auch bei allen Gesetzgebungsverfahren beteiligt werden und die Anwendung der KMU-Tests zwingend prüfen. Zudem wollen wir einen unabhängigen europäischen Normenkontrollrat schaffen, der die Bürokratiekosten misst und die Erfahrung in den Mitgliedstaaten mit der Anwendung des EU-Rechts berücksichtigt. Wir wollen das „1 in, 2 out“-Prinzip durchsetzen – für jede neue belastende Regelung müssen zwei alte abgeschafft werden. Wir brauchen einen EU-Wettbewerbsfähigkeits-Check und einen Aktionsplan zur Reduzierung der regulatorischen Belastung. Wir treten für eine Überprüfung der Taxonomie und des Green Deals auf Praxistauglichkeit und auch im Hinblick auf den internationalen Wettbewerb ein. Hierzu wollen wir eine Erfolgs- und Effizienzkontrolle durchführen.

Für eine erfolgreiche aktive Wirtschafts- und Industriepolitik müssen wir die Fähigkeit haben, strategische Entscheidungen auf europäischer Ebene zu treffen, und gleichzeitig Bürokratie – wo möglich – abbauen, um Planungsprozesse zu beschleunigen und Raum für Unternehmertum und Kreativität zu schaffen. Ein verantwortungsvoller Abbau von bürokratischen Hemmnissen im Binnenmarkt sind für Großunternehmen sowie für KMU, Start-ups, Selbstständige und Freiberufler*innen dringend notwendig. Wir werden uns weiter dafür einsetzen, Investitionshindernisse, wie langwierige Genehmigungsverfahren und umfangreiche Beihilfeprüfungen, zu vereinfachen. Bürokratieabbau darf allerdings nicht zu niedrigeren Sozial-, Umwelt- oder Sicherheitsstandards führen.

Der stetig wachsende Bürokratiedschungel belastet die Bürgerinnen und Bürger sowie die Unternehmen in Deutschland und Europa und bremst die Wirtschaft aus. Ein radikaler Bürokratieabbau und die Reduzierung von Dokumentations- und Berichtspflichten sind daher wesentlich für die von uns Freien Demokraten geforderte Wirtschaftswende. Mit dem Meseberger Entbürokratisierungspaket hat die FDP in der Bundesregierung Bürokratieentlastungen von mehr als 3 Milliarden Euro pro Jahr für die Unternehmen auf den Weg gebracht. Mit dem Wachstumschancengesetz entlasten wir insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen in den kommenden Jahren um Milliarden Euro. Wir wollen diesen Erfolg fortschreiben und die mit dem Wachstumschancengesetz verbundenen Abschreibungserleichterungen verlängern. Um Bürokratiekosten verbindlich und systematisch zu reduzieren, fordern wir, dass künftig für jede neue Belastung durch geplante Regelungen im doppelten Umfang Belastungen abgebaut werden („One in, two out“) – auch auf europäischer Ebene. Denn 57 Prozent der bürokratischen Belastungen in Deutschland sind auf EU-Gesetze zurückzuführen. Mit einem EU-Mittelstandskommissar und einem KMU-Test für EU-Gesetzgebungsverfahren wollen wir faire Wettbewerbsbedingungen für kleine und mittlere Unternehmen sicherstellen. Durch einen Bürokratie-Stopp, Entlastungen bei Steuern und Energiepreisen, Planungsbeschleunigung und mehr Leistungsgerechtigkeit wollen wir jetzt weitere Wachstumsimpulse geben.

KMU werden durch neue bürokratische Anforderungen in besonderem Maße belastet. Wir setzen uns für eine konsequente Prüfung der Auswirkungen neuer Gesetze auf KMU sowie für angemessene Ausnahmen und Übergangsfristen ein. Auch für existierende Gesetzgebung fordern wir eine regelmäßige Überprüfung, um Bürokratie abzubauen und Vorschriften, die ihr Ziel verfehlen, zu streichen. Auch beim Zugang zu EU-Investitionsprogrammen streben wir an, Antragsverfahren zu beschleunigen und Berichtspflichten zu reduzieren. Ein zentrales Mittel für den Bürokratieabbau ist die Digitalisierung der Verwaltung. Dadurch können viele Behördengänge entfallen, der Datenaustausch automatisiert und Anträge leichter gestellt werden. Verfahrensstände sollen online einsehbar werden. Durch eine stärkere Vernetzung von europäischen und nationalen Behörden soll zudem das Once-Only-Prinzip eingeführt werden, damit relevante Daten künftig nur noch einmal bei Unternehmen abgefragt werden.

Die Linke will die bisher unübersichtliche Vielzahl von Förderprogrammen der EU zusammenlegen und den Zugang vereinfachen. Bei öffentlichen Ausschreibungen der Kommunen wollen wir lokale Unternehmen mit guten Arbeitsbedingungen bevorzugen, um regionale Wirtschaftskreisläufe zu stärken und Transportwege zu verkürzen. Das hilft vor allem kleinen und mittleren Unternehmen. Regelungen sollten übersichtlich, einfach und transparent sein, um den bürokratischen Aufwand zu begrenzen. Die zweckgerechte Verwendung öffentlicher Mittel und das Einhalten von Arbeitsschutz-, Umwelt- und Sozialstandards muss allerdings dokumentiert und überprüft werden können. Das schützt auch Unternehmen, die sich an die Regeln halten, vor unfairem Wettbewerb. Die Behörden brauchen ausreichend Personal, um Anträge zügig zu bearbeiten und bei der Antragstellung oder bei Nachfragen behilflich zu sein.


Eigenes Budget für den Tourismus

Tourismuspolitik bedarf einer besseren ressortübergreifenden Koordinierung innerhalb der Kommission und zwischen den europäischen Institutionen. Wie stehen Sie zu einem eigenen Budgettitel für den Tourismus? 

Tourismus hat eine große wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung. Reisen schafft Kontakte, verbindet Menschen und fördert das Zusammenwachsen Europas. Eine bessere Koordinierung tourismusrelevanter Themen ist wünschenswert, aber aus Gründen des Subsidiaritätsprinzips sehen wir keinen Bedarf für einen eigenen Budgettitel.

Für die SPD ist es richtig, dass die europäische Tourismusförderung insbesondere über die Regionalpolitik umgesetzt wird. Die Tourismusbranche profitiert stark von Investitionen der regionalen und lokalen Ebene in die Modernisierung der Infrastruktur und in den Klimaschutz. Kleine und mittlere Unternehmen profitieren von Fördergeldern z. B. im Bereich klimagerechter Sanierung und Digitalisierung. Die LEADER-Förderung aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds ermöglicht niedrigschwellige Unterstützung für die Gründung und Entwicklung touristischer Kleinunternehmen und Kleinunternehmen des Gastgewerbes. Die Form der Ko-Entwicklung von Projekten, wie sie im Rahmen der europäischen Regionalpolitik möglich ist, wäre mit einem zentral gesteuerten EU-Programm nicht zu kopieren. Stattdessen können wir uns vorstellen, die finanziellen Mittel im Rahmen der Regionalpolitik auszubauen.

Wir Freie Demokraten befürworten eine verstärkte Koordinierung zu touristischen Themen auf EU-Ebene und auch zu den nationalen und regionalen Behörden. So sollten die Mitgliedstaaten – wo sinnvoll – ihre Kapazitäten bündeln und den europäischen Tourismusstandort gemeinsam in der Welt bewerben. Grundsätzlich liegt die Kompetenz für den Tourismus allerdings in den Regionen selbst, in Deutschland bei den Bundesländern. Das ist auch richtig, damit touristische Destinationen nach den unterschiedlichen Bedürfnissen vor Ort gemeinsam mit der Bevölkerung zukunftsfähig gestaltet werden. Die Wirkung auf den Tourismus und seine Infrastruktur sollte bei der Vergabe von Mitteln aus dem EU-Haushalt grundsätzlich mitgedacht werden. Zusätzlichen Budgets stehen wir aber kritisch gegenüber, insbesondere, wenn dafür Ressourcen aus den Regionen abgezogen würden.

Die Reise- und Tourismuswirtschaft ist ein zentraler Wirtschaftsfaktor und bietet Millionen Menschen Arbeit. Tourismuspolitik ist eine Querschnittsaufgabe über mehrere Politikbereiche, etwa Wirtschaft, Umwelt, Kultur, Gesundheit, Raumentwicklung und Mobilität. Wirksame Tourismuspolitik fordert daher Engagement und Zusammenwirken verschiedener Ebenen und Akteure - diese Koordinierung wollen wir stärken. Dem Tourismus als Querschnittsbranche steht eine breite Förderkulisse von Bund, Ländern und EU offen. Für uns ist entscheidend, dass wir KMU den Zugang zu Förder- und Investitionsprogrammen der EU durch vereinfachte Antragsverfahren und reduzierte Berichtspflichten erleichtern. Mithilfe von festgelegten KMU-Quoten stellen wir sicher, dass diese Programme ihnen auch tatsächlich zugutekommen. Die Förderlandschaft in der EU werden wir vereinheitlichen und stärker mit nationalen Förderinstrumenten verzahnen. Dadurch fördern wir die Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit des Tourismus.

Die Linke will den regionalen Tourismus stärken. Wir setzen uns dafür ein, dass Urlaub für alle Menschen in Europa leistbar ist und dass die Beschäftigten im Tourismusbereich zu guten Löhnen und unter guten Bedingungen arbeiten. Bahn- und Busverbindungen müssen flächendeckend ausgebaut werden, damit Erholungsziele für alle gut erreichbar sind. Dafür müssen ausreichend EU-Investitionsmittel bereitgestellt werden. Ein eigenes Tourismusbudget der EU scheint uns nicht erforderlich. Vielmehr geht es um den generellen Ausbau nachhaltiger Strukturen in den Regionen. Angesichts der Klimakrise sollte Tourismuspolitik allerdings tatsächlich einen höheren Stellenwert in der EU einnehmen. Tourismus verursacht etwa acht Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen; drei Viertel dieser Emissionen werden durch die Nutzung von Verkehrsmitteln verursacht. Regionaler Tourismus trägt zum Klimaschutz bei und stärkt die Wirtschaft vor Ort.


Hotelmeldepflicht

Nach Art. 45 Schengener Durchführungsabkommen wird von ausländischen Gästen noch immer das eigenhändige Ausfüllen und Unterschreiben von Hotelmeldescheinen erwartet. Setzen Sie sich für eine praxisgerechte Neuregelung dieser Vorschrift im digitalen Zeitalter ein? 

CDU und CSU fordern seit Jahren die Einführung des digitalen Meldescheins und Rechtssicherheit, damit auch Unterschriften auf Tablets, mit dem Finger auf dem eigenen Handy oder an Self-Check-in Terminals anerkannt werden. Wir sprechen uns daher für eine entsprechende Neuregelung im Schengener Durchführungsabkommen mit einem praxistauglichen digitalen Meldeverfahren für ausländische Gäste aus, bzw. dafür, dass elektronische Identifikationsverfahren der Eigenhändigkeit gleichgestellt werden.

Ja, neben dem erreichten Wegfall des Hotelmeldescheins für deutsche Staatsangehörige arbeiten wir auch an der Digitalisierung dieser Meldepflicht für ausländische Staatsangehörige.

Unter Federführung des FDP-Justizministers Marco Buschmann werden wir mit dem Bürokratieentlastungsgesetz IV den Meldeschein für alle Inländer abschaffen. Damit entlasten wir die Hotellerie und die Gäste deutlich. In der Tat ist eine Erleichterung für ausländische Gäste rechtlich nur schwer möglich, da das Schengener Durchführungsabkommen enge Vorschriften vorsieht. Daher sehen wir Freie Demokraten das dringende Erfordernis, Art. 45 des Abkommens so neuzugestalten, dass zukünftig eine digitale Erfassung erfolgen kann.

Mit dem Bürokratieentlastungsgesetz IV schafft die Ampel-Koalition bereits die Hotelmeldepflicht für deutsche Staatsangehörige ab. Das führt zu einer erheblichen Entlastung der Beherbergungswirtschaft und der betroffenen Übernachtungsgäste. Allein die Wirtschaft wird von 62 Millionen Euro Erfüllungsaufwand entlastet. Für ausländische Gäste ist der Hotelmeldeschein durch das Schengener Durchführungsabkommen vorgeschrieben. Das eigenhändige Ausfüllen und Unterschreiben wollen wir jedoch durch einen praktikablen digitalen Ansatz mit pragmatischen Lösungen für kleine Betriebe hinfällig machen, um möglichst viel Bürokratie abzubauen.

Wir halten eine Gleichbehandlung von Gästen aus dem In- und Ausland für angemessen. Wir begrüßen im digitalen Zeitalter auch die Umstellung auf Onlineformulare. Allerdings darf dies nicht zu vermehrter Speicherung individueller Daten führen.


Portalökonomie

Mit dem Digital Markets Act (DMA) und der Platform-to-Business Verordnung (P2B) wurden digitale Plattformunternehmen zu fairem Marktverhalten verpflichtet. Mit welchen Mitteln wollen Sie die Durchsetzung dieser Vorschriften sicherstellen?

Die EU möchte mit DMA und P2B den Wettbewerb in der digitalen Welt fördern, faire Bedingungen für kleinere Unternehmen schaffen und die Rechte der Verbraucher schützen. Die Bundesnetzagentur ist für die behördliche Durchsetzung dieser Verordnungen in Deutschland zuständig. Unternehmen, Händler und gewerbliche Nutzer können sich bei der Bundesnetzagentur melden, wenn sie sich durch Plattformen oder andere Online-Dienste benachteiligt sehen. Die Behörde arbeitet eng mit den Aufsichtsbehörden in Brüssel und den anderen Mitgliedstaaten der EU zusammen. Sie kann bei Verstößen Anordnungen erlassen und Bußgelder verhängen. CDU und CSU halten diese supranationale und nationale behördliche Durchsetzung für ein scharfes Schwert, wenn es darum geht, dass sich Plattformbetreiber regelkonform verhalten. Wir werden die Umsetzung genau verfolgen und darauf achten, dass sich das Ziel des DMA nicht ins Gegenteil verkehrt. Es muss sichergestellt sein, dass die Darstellung der Suchergebnisse für Hotels und Unterkünfte die Sichtbarkeit der direkten Hotel- und Unterkunftswebseiten nicht verschlechtert und zu einer überproportionalen Erhöhung der Sichtbarkeit für Online-Buchungsplattformen führt. Darauf müssen die EU-Kommission und die in Deutschland zuständigen Behörden (im wesentlichen Bundesnetzagentur) achten.

Die SPD hat sich sehr erfolgreich für eine bessere Gestaltung des Wettbewerbs im Internet zwischen großen Plattformen und Unternehmen eingesetzt. Die EU-Kommission ist für die Durchsetzung des DMA zuständig, wobei nationale Wettbewerbsbehörden die Kommission unterstützen. Die Kommission soll dabei folgende Maßnahmen setzen: Geldbußen von bis zu 10 % des gesamten weltweiten Jahresumsatzes des Unternehmens, bei wiederholten Verstößen bis zu 20 %. Zwangsgelder von bis zu 5 % des durchschnittlichen täglichen Umsatzes sowie Abhilfemaßnahmen, die bei systematischen Verstößen gegen die DMA-Verpflichtungen nach einer Marktuntersuchung für Gatekeeper verhängt werden können. Bezüglich der P2B-Verordnung hat die Kommission die Beobachtungsstelle für die Online-Plattformwirtschaft ins Leben gerufen. Im Europäischen Parlament beobachten wir diese Entwicklungen genau und stehen in ständigem Austausch mit der Kommission, um eine effiziente Durchsetzung zu garantieren.

Wir Freie Demokraten setzen uns für eine effektive Umsetzung des Digital Markets Act und des Digital Services Act ein. Die Durchsetzung ist essentiell für fairen Wettbewerb und klare Verantwortung von Gatekeeper-Unternehmen für einen funktionierenden digitalen Binnenmarkt. Wir Freie Demokraten wollen eine wirksame Kontrolle großer Unternehmen der Digitalwirtschaft, die Zugänge zum Internet kontrollieren. Gatekeeper-Unternehmen, wie zum Beispiel Betreiber marktdominanter Suchmaschinen, sozialer Netzwerke oder Handelsplattformen, können die Wettbewerbsbedingungen kleiner oder mittlerer Unternehmen entscheidend beeinflussen. Die effektive Umsetzung der neuen EU-Digitalgesetze und eine Überwachung der Einhaltung wird entscheidend sein für einen fairen Wettbewerb im digitalen Umfeld.

Wir treten für faire, offene und resiliente digitale Regelungsrahmen ein. Unser besonderes Augenmerk richtet sich auf die notwendige Investitionssicherheit für europäische Unternehmen, insbesondere KMU. Denn nur klare und verlässliche Regeln stellen innovative, vertrauenswürdige und somit erfolgreiche Wirtschaftsräume sicher. Mit dem Digital Markets Act und der Platform-to-Business-Verordnung haben wir in der EU einen wichtigen Schritt zur Vollendung des digitalen Binnenmarktes und die Schaffung eines fairen, transparenten und vorhersehbaren Geschäftsumfelds für kleinere Unternehmen und Händler*innen auf Online-Plattformen gemacht. Jetzt gilt es, den DMA und die P2B in Deutschland und Europa konsequent durchzusetzen und aufgrund der durch Datenzugänge gewonnenen Erkenntnisse weiterzuentwickeln. Die Regulierung digitaler Plattformen muss die Dominanz großer digitaler Marktplätze stärker in den Blick nehmen.

Die großen Plattformanbieter gestalten bisher ihre Angebote intransparent im Interesse ihrer eigenen Profite. Kleine Anbieter kommen so leicht unter die Räder und die Entscheidungsfreiheit von Verbraucher*innen wird beschnitten. Die Linke setzt sich für ein Umdenken hin zu gemeinwohlorientierten Plattformen und wirklich sozialen Netzwerken ein. Wir wollen öffentliche und genossenschaftliche Plattformen für gemeinwohlorientierte Dienstleistungen fördern, beispielweise für faire Zimmervermietung. Also Plattformen, die keinen Anreiz haben, kleinere Anbieter zu benachteiligen. Algorithmen sollten offengelegt werden, um Vorschläge und Entscheidungen nachvollziehbar zu machen. Die Regulierungsbehörde benötigt ausreichend Personal, um die Regeln durchzusetzen


Leitungswasser

Im Rahmen der EU-Verpackungsverordnung und der EU-Trinkwasserrichtlinie wurde eine verpflichtend kostenfreie Abgabe von Leitungswasser im Gastgewerbe diskutiert. Sehen auch Sie in einer derartigen Verpflichtung einen unverhältnismäßigen Eingriff in die unternehmerische Freiheit? 

Eine verpflichtende kostenlose Bereitstellung von Leitungswasser in Restaurants sehen wir skeptisch.

Die Europa-SPD unterstützt die Vorgabe zur kostenfreien Abgabe von Leitungswasser im Gastgewerbe. In Frankreich hat sich diese Maßnahme seit Langem als gut umsetzbares und von Verbraucherinnen und Verbrauchern geschätztes Angebot erwiesen. Diese Maßnahme kann zudem einen wichtigen Beitrag zur Reduktion von Einwegverpackungsmüll leisten.

Wir Freie Demokraten wollen den Betrieben selbst die freie Entscheidung überlassen, ob sie der Empfehlung zur kostenfreien Abgabe von Leitungswasser folgen. Eine Verpflichtung lehnen wir im Hinblick auf die unternehmerische Freiheit der Angebotsgestaltung ab.

Leitungswasser hat eine deutlich bessere Umwelt- und Energiebilanz als Mineralwasser, das oft weite Transportwege hinter sich hat oder in Plastikflaschen abgepackt wird. Gutes und günstiges Trinkwasser ist zudem wichtig als gesunde Alternative zu Softdrinks. In vielen anderen Ländern Europas wie etwa in Frankreich, Italien und Spanien ist die kostenfreie Abgabe von Leitungswasser bereits gängige Praxis, ohne dass dadurch die Gastronomie geschädigt wurde. Daher halten wir es für sinnvoll, in Restaurants Leitungswasser umsonst oder für einen geringeren Preis abzugeben.

Nein. Wir halten es für eine Selbstverständlichkeit, dass Leitungswasser kostenlos abgegeben wird. Das sollte zu gutem Service und Gastfreundschaft dazugehören, auch ohne dass es per Gesetz verordnet werden muss. Sofern Betriebe Schwierigkeiten haben, ihre Kosten zu decken, sollte man ehrlicherweise darüber sprechen und welche Abhilfe zweckmäßig sein kann. Damit Gastbetriebe gute Umsätze machen können, sind z.B. ausreichende Einkommen der Bevölkerung erforderlich. Gastwirte spüren schnell und leiden darunter, wenn die Kundschaft weniger Geld hat. Die hohe Inflation der letzten Jahre und sinkende Realeinkommen in vielen Berufen machen sich auch durch geringere Spielräume für Gaststättenbesuche und Urlaube bemerkbar. Die Linke setzt sich für gute Löhne für alle Beschäftigten ein, die für mehr als nur das Nötigste reichen. Das stärkt auch lokale Unternehmen, die auf die Kaufkraft ihrer Kundschaft angewiesen sind.


Umweltzertifikate

Mit der Green Claims-Richtlinie soll der Markt für Umweltzertifikate in der EU neugeordnet werden. Wie wollen Sie zukünftig ausreichenden Wettbewerb auf diesem Markt sicherstellen und gewährleisten, dass Umweltzertifizierungen auch für KMU im Gastgewerbe erreichbar bleiben? 

Verbraucherinnen und Verbraucher wollen besser über die Umweltauswirkungen ihres Konsumverhaltens informiert werden. Unternehmen sollen ermutigt werden, nachhaltige Verfahren einzuführen und in ihre Berichterstattung Nachhaltigkeitsinformationen aufzunehmen. Die Europäische Kommission hat hierzu einen Richtlinienvorschlag veröffentlicht. CDU und CSU werden sich intensiv in die Beratungen einbringen und sich für eine praxistaugliche Ausgestaltung einsetzen.

Wir haben uns für ambitionierte Regeln eingesetzt und auch das Verbot von sogenanntem Green Washing im Gesetz zu Empowering Consumers erreicht. Mit der Green Claims Richtlinie wollen wir nun für entsprechende Rechtssicherheit sorgen, damit für KMU im Gastgewerbe klar ist, welche Regeln für sie gelten und welche Zertifizierungen sie sicher nutzen können. Insbesondere dann, wenn sie damit in der Werbung aktiv sein wollen. Das Durcheinander bei Nachhaltigkeitskennzeichnungen und Umweltaussagen verwirrt Verbraucher*innen. Daher war wichtig, für einheitliche europäische Regeln zu sorgen. Beliebige Umweltaussagen ohne tatsächlichen Gehalt werden künftig nicht mehr zulässig sein. Dies wurde durch die Aktualisierung der europaweiten Liste verbotener Geschäftspraktiken erreicht, auf der diese Vereinbarungen zahlreiche irreführende Nachhaltigkeitsaussagen ergänzen. Hierfür werden wir uns bei den anstehenden Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten weiter einsetzen.

In dieser Frage die richtige Balance zu finden, ist eine große Herausforderung, vor der wir stehen. Dabei ist die Zugänglichkeit für kleine und mittlere Unternehmen für uns Freie Demokraten von größter Bedeutung. Gleichzeitig setzen wir auf informierte Verbraucherinnen und Verbraucher. Dafür braucht es verlässliche Zertifizierungen. Aussagekräftige und verlässliche Labels sind auch im Sinne der Anbieter, wie beispielsweise dem Gastgewerbe. Wir Freie Demokraten setzen uns in der EU daher für eine ausgewogene Regulierung ein, die Verlässlichkeit und Machbarkeit vereint. Eine Überbürokratisierung gilt es dabei zu vermeiden.

Nachhaltigkeit wird auch im Tourismus immer mehr zu einem Wettbewerbsfaktor. Immer mehr Menschen achten bei der Buchung auf Nachhaltigkeit und sind auch bereit, dafür einen angemessenen Aufpreis zu zahlen. Viele Hotels und Tourismusbetriebe haben bereits viel in die Umstellung ihres Betriebs auf Klima- und Umweltfreundlichkeit investiert. Die Green Claims Richtlinie stellt sicher, dass Umweltzertifikate diese Anstrengungen transparent würdigen und Tourist*innen eine informierte Buchungsentscheidung ermöglichen. Dagegen soll irreführenden Praktiken mit privaten Labels, die etwa für angeblich klimaneutrale Produkte werben, ein Riegel vorgeschoben werden.

Die Linke möchte Verbraucher*innen und Unternehmen, die sich an die Regeln halten, vor unlauterem Wettbewerb schützen. Deswegen halten wir die Regulierung für richtig. Gleichzeitig setzen wir uns für angemessene Unterstützungsmaßnahmen für Kleinst-, Klein- und mittlere Unternehmen ein, damit diese nicht mit übermäßig höheren Kosten konfrontiert sind. Wir haben deshalb im Europaparlament beantragt, dass die Mitgliedsstaaten einen regelmäßigen Austausch mit Kleinst-, Klein- und mittleren Unternehmen über Unterstützungsmaßnahmen auf regionaler und nationaler Ebene einrichten sollten. Die EU-Kommission sollte darüber hinaus finanzielle Unterstützungsprogramme für KMU in Erwägung ziehen, die für ihre Produkte oder Tätigkeiten ausdrückliche Umweltaussagen machen wollen.


Rauchverbote im Außenbereich

Aktuell steht die Revision der Ratsempfehlung für rauchfreie Umgebungen an. Sprechen Sie sich gegen eine Ausweitung von Rauchverboten auf Bereiche der Außengastronomie aus?

Unserer Ansicht nach sollen Gastronomen selbst entscheiden dürfen, ob sie Rauchverbote in der Außengastronomie verhängen.

Die Ratsempfehlung für eine rauchfreie Umgebung wurde nicht veröffentlicht und wir können den Inhalt nicht bewerten. Wir sprechen uns jedoch für Maßnahmen zum Gesundheits- und Jugendschutz aus.

Wir Freie Demokraten unterstützen das Ansinnen der EU, mit effektiven Initiativen gegen Krebserkrankungen vorzugehen und dabei auch den Tabakkonsum in den Blick zu nehmen. Den Gefahren des Tabakkonsums wollen wir allerdings nicht durch Bevormundung begegnen, sondern insbesondere durch Aufklärung und Prävention. Wir vertrauen auf mündige Bürgerinnen und Bürger, die Risiken eigenständig abwägen können. Wir setzen uns deshalb für den Ausbau von Präventionsprogrammen und Suchtberatungsstellen ein. Ein Rauchverbot in der Außengastronomie lehnen wir ab.

Ein generelles Rauchverbot in der Außengastronomie auf europäischer Ebene halten wir nicht für angebracht. Wir wollen die Entstehung von tabakassoziierten Krankheiten bestmöglich verhindern. Dafür wollen wir primär die Bemühungen zur Reduzierung des Tabakgebrauchs stärken, etwa durch eine Reduzierung des Nikotingehalts in Tabak- und Nikotinprodukten. Lücken, die bei Werbung - zum Beispiel auf sozialen Plattformen und insbesondere im Bereich des Sponsorings - noch bestehen, sind jetzt EU-weit zu schließen.

Nein. Wir halten den Schutz von Nichtraucher*innen und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten in der Gastronomie für notwendig und sinnvoll. In irischen Kneipen und Restaurants etwa hat sich die Zahl der Beschäftigten, die über morgendlichen Husten, gerötete Augen und Halsbeschwerden klagen, nach Einführung des Rauchverbots halbiert. Beispiele aus Ländern wie den USA zeigen auch, dass das die Gastronomie nicht behindert.


Arbeitsmobilität

Die Arbeitsmobilität bei jungen Menschen sind in einigen EU-Ländern eklatant. Mit welchen Maßnahmen oder Anreizen wollen Sie die Arbeitsmobilität innerhalb der EU erhöhen

CDU und CSU wollen die Arbeitnehmermobilität in Europa verbessern und die sozialversicherungs- und arbeitsrechtlichen Regelungen zur Entsendung (z. B. sogenannte A1-Bescheinigungen) von Arbeitnehmern schnell vereinfachen. Dienstreisen und grenzüberschreitendes Arbeiten wollen wir erleichtern. Das hilft besonders Menschen in Grenzregionen. Wir wollen auch die Bildungs- und Ausbildungsmobilität stärken, um Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen. Die Mitgliedstaaten sollen Anerkennungsverfahren und Transparenzinstrumente für die berufliche Bildung weiter vereinfachen.

Wir fordern neben einem Qualitätsrahmen für Praktika eine angemessene Finanzierung der Jugendgarantie, nach der allen jungen Menschen nach Schulabschluss oder nachdem sie arbeitslos geworden sind ein hochwertiges Angebot für einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz, eine Weiterbildungsmöglichkeit gemacht werden soll. Diese muss durch europäische Fördertöpfe getragen werden. Es muss auch weiterhin sichergestellt werden, dass alle Mitgliedstaaten einen angemessenen Betrag ihrer ESF+-Mittel in gezielte Maßnahmen zur Förderung der Jugendbeschäftigung und der Aus- und Weiterbildung investieren. Auch Beratungs- und Vermittlungsstrukturen wie EURES sollten hier ausgebaut werden und Schwerpunktfelder wie die Jungendarbeitslosigkeit bearbeiten. Zugleich wollen wir die innereuropäische Mobilität durch eine Digitalisierung der Sozialversicherungskoordinierung und die Einführung einer europäischen Sozialversicherungs-nummer vereinfachen.

Wir Freie Demokraten wollen bei der Arbeitskräftemobilität in der EU Hürden abbauen und insbesondere komplizierte und langwierige Prozesse bei der Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen vereinfachen und beschleunigen. Dazu fordern wir digitale One-Stop-Shops als zentrale Anlaufstellen in jedem EU-Mitgliedstaat. Wir wollen außerdem die EU-Entsenderichtlinie modernisieren und vereinfachen. Zudem wollen wir die European Employment Services zu einer digitalen Europäischen Arbeitsplattform ausbauen. Diese soll sowohl europaweit Job- und Ausbildungsplätze vermitteln als auch eine echte Koordinationsrolle für die nationalen Arbeitsagenturen in der EU übernehmen, die es braucht, um Jugendarbeitslosigkeit einerseits und Fachkräftemangel andererseits zu bekämpfen. Zudem wollen wir das Programm Erasmus+ weiter stärken und den Zugang für Auszubildende verbessern, um mehr jungen Menschen Auslandserfahrungen in Europa zu ermöglichen. Hotellerie und Gastronomie sind Grundpfeiler des Tourismus. Ausländische Arbeitskräfte, insbesondere aus angrenzenden Nachbarländern, sichern das Überleben von Hotels und Restaurants. Für sie muss es einfacher werden, in Deutschland zu arbeiten – auch im Hinblick auf den massiven Personalmangel. Mit Anträgen (z. B. für Kindergeld, Krankenkasse) in der Muttersprache und schnellen, unkomplizierten Bearbeitungsvorgängen wollen wir das Arbeiten in der deutschen Tourismusbranche attraktiver machen.

Um den Fach- und Arbeitskräftemangel zu lindern, müssen wir mehr in die Ausbildung junger Menschen investieren, Weiterbildungsangebote auch für ältere Menschen bereithalten und Frauen die Möglichkeit geben, sich voll einzubringen. Die Mobilität von Arbeitnehmer*innen innerhalb der EU ist ein Kernelement des Binnenmarkts. Wir wollen sie stärken, indem wir Hürden senken, etwa bei praktischen Fragen rund um die Sozialversicherung. Berufliche Ausbildungsabschlüsse und Bildungsabschlüsse sollen im Rahmen des Europäischen Qualifizierungsrahmens einfacher und schneller in jedem Land der EU gelten, statt mühsam anerkannt werden zu müssen. Durch eine Verdopplung der Mittel für Erasmus+ wollen wir die Mobilität junger Menschen erhöhen und durch Unterstützungsangebote für kleine Betriebe möglichst vielen Auszubildenden die Teilnahme ermöglichen.

Bildungs- und Ausbildungsabschlüsse müssen in Europa anerkannt werden, um Hürden abzubauen. Gute Arbeitsbedingungen und gute Bezahlung schaffen Anreize für Beschäftigte, sich zu Berufen und Unternehmen hinzuorientieren. Wichtig sind zudem ausreichend bezahlbare Wohnungen am Arbeitsort. Das stellt in immer mehr Gegenden eine große Hürde dar, um Arbeitskräfte zu gewinnen. Die Linke setzt sich für massive Investitionen in öffentlichen Wohnungsbau mit leistbaren Mieten ein. Hierzu wollen wir ein Förderprogramm der Europäischen Investitionsbank schaffen. Wir wollen auch die Kommunen dabei unterstützen, dezentral Wohnraum zu erwerben und gemeinnützig zu bewirtschaften. Die EU sollte europaweite Beratungsstellen für mobile Beschäftigte wie beispielsweise „Faire Mobilität" des DGB dauerhaft ausreichend finanzieren.